Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht.
Ich habe keine Ahnung, nach welchen Kriterien „Österreich“ entscheidet, den selben Tatverdächtigen mal mehr (gestern, online, Gesicht voll verpixelt), mal weniger (heute, online, Augen schmal verpixelt), mal gar nicht (heute, offline, s. Bild) zu anonymisieren.
Schlimmer noch: Ich fürchte, diese Ahnungslosigkeit teile ich mit der „Österreich“-Redaktion.
Die Tageszeitung „Österreich“ musste letzten Freitag im redaktionellen Teil eine interessante Gerichtsentscheidung veröffentlichen: „Österreich“ hatte offenbar im Rahmen der Bildberichterstattung Fotos, auf denen ein Krone-Logo zu sehen war, überarbeitet und das Sponsorenlogo entfernt.
Die „Krone“ klagte dagegen vor dem Handelsgericht Wien und gewann den Rechtsstreit gegen die Mediengruppe „Österreich“ GmbH.
Der Text der Entscheidung ist in der Großansicht des Scans lesbar.
Die Gratiszeitung „Österreich“ illustriert die Finanzhilfe für Griechenland und Euro mit einer Fotomontage zweier österreichischer Politiker in Unterwäsche. Zulässig oder nicht? Es ist nicht das erste Mal, dass ein Politiker in einer gefälschten und intimen Situation gezeigt wurde: So hat der OGH 1996 die „profil“-Montage des nackten Kanzlers am Cover für unzulässig erklärt:
§ 78 UrhG soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers jedermann gegen den Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit, namentlich (ua) dagegen schützen, daß sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Auch allgemein bekannte Personen, wie der Kläger, haben Anspruch darauf, daß die Allgemeinheit auf ihre Persönlichkeit Rücksicht nimmt. Deshalb ist die Privat- und Intimsphäre einer solchen Person geschützt und die Verbreitung von Bildern unzulässig, die entstellend wirken oder die – allenfalls erst im Zusammenhang mit der Bildunterschrift oder dem Begleittext – den Abgebildeten der Neugierde und Sensationslust der Öffentlichkeit preisgeben.
Korn schreibt dazu in „Einführung in das Kommunikationsrecht“ (2010):
Die Verletzung berechtigter Interessen liegt hier in der Verletzung des aus dem Grundsatz der Achtung der Privatsphäre erfließenden Selbstbestimmungsrechts, wobei der Bereich des Privatlebens nicht auf den Intimsbereich beschränkt ist. Hierher zählen auch Fragen der Gesundheit, der Religion bzw. Weltanschauung. Als Beispiel gilt hier die Fotomontage auf dem Cover einer Wochenzeitschrift, auf welchem der ehemalige österreichische Bundeskanzler Dr. Franz Vranizky nur mit einem Feigenblatt abgebildet ist. Eine derartige Veröffentlichung könnte zu Missdeutung Anlass geben, zumal die abgebildete Person eine führende Stellung im Staat einnimmt und in dieser Funktion Würde und Ansehen zu wahren hat.
Update: Online wurde die Fotomontage mittlerweile entfernt.
Zugegeben, es ist nicht leicht mit Kobuk. Unverpixelte Bilder passen uns oft nicht und verpixelt ist’s dann auch wieder falsch. Aber der Reihe nach…
Das ist Österreichs faulster Lehrer:
Schon bemerkenswert. „Österreich“ hat ein Profi-Foto des Lehrers aufgetrieben, das nur in einer von 104 Wochen der vergangenen zwei Jahre entstanden sein konnte. Und das Beste: Kobuk hat dieses Bild auch ausfindig gemacht. Offenbar war der gute Mann, der sich für seine 53 Jahre beneidenswert gut gehalten hat, in einem seiner Nebenjobs auch Model für internationale Fotoagenturen. Warum „Österreich“ uns diese Sensation verheimlicht, bleibt ein Rätsel.
Irgendwie empfinde ich jetzt — im Gegensatz zu „Österreich“ — auch gar keine Skrupel mehr, den Lehrer auf dem Bild für unsere Leser zu enttarnen und nebenbei einen kleinen Fehler in der Schlagzeile zu korrigieren.
Das ist „Österreichs“ faulster Lehrer:
PS: Die Agentur hat das Foto unter anderem mit dem Stichwort „retrosexuell“ beschlagwortet — wieder was gelernt.
Manchmal ist das richtige Bild, oder eben dessen richtiger Einsatz, gar nicht so einfach, wie folgende kleine Liste zeigt:
Beispiel eins: In der Redaktion von Heute.at wusste man zwar, wie man ein (recht wenig sagendes) APA-Bild des einen Artikels bei einem anderen wiederverwendet, jedoch nicht mehr, wie man die Bildunterschrift verändert:
Beispiel zwei: Die folgenden Screenshots sind alle von verschiedenen Portalen über die selbe Story. Während man auf CNN und BBC eine kleine Bildunterschrift spendiert, die die abgebildete Person korrekt als das Opfer auszeichnet (wobei man es im BBC-Artikel auch für dessen Anwalt halten könnte), wird auf Oe24.at durch eine als Bildunterschrift interpretierbare Überschrift der Eindruck vermittelt, als handle sich bei der abgebildete Person um das Opfer und nicht den Täter:
Beispiel drei: Dass ein Bild einem Artikel inhaltlich nahe steht, muss jedoch auch nicht immer sein, wie DerStandard.at zeigt. Die Nascar-Autos zum Artikel über eine neue DSL-Technologie mögen zwar die Assoziation „Auto = Geschwindigkeit“ auslösen, so ganz überzeugt das Bild jedoch nicht.
Wer weitere Beispiele einer „Text-Bild-Schere“, kann uns gerne einen Hinweis geben, den wir dann in späteren Updates berücksichtigen!
Nein, da waren keine österreichischen Schluchtenscheißer am Werk — zumindest nicht direkt, zum Glück. Es ist tatsächlich grauer Schnee in Tirol, wie „Österreich“ ihn sieht:
Welche Farbe auch immer das Zeug in eurer Redaktion hat, bitte nehmt es weiter! 😉
Einen köstlichen Fall von mutmaßlichem Bilderklau in der Redaktion von Bild.de hat das BildBlog aufgedeckt: Ein Artikel über den der Erde angeblich gefährlich werdenden Asteroiden Apophis wurde mit einer Grafik aus dem Fundus der Bildagentur Corbis illustriert – mit klar sichtbarem Wasserzeichen, das vor unbefugter Nutzung schützen soll:
Inzwischen wurde das Wasserzeichen einfach abgeschnitten, schließlich zählen BILD-Redakteure zu den fleißigsten BildBlog-Lesern.
Die Sparefrohs von BILD hätten auch ohne Einwurf von großen Scheinen zu guten Illustrationen kommen können, denn die Bilder der NASA unterliegem keinem Copyright. Und für alle anderen Themen gibt’s Suchmaschinen wie Everystockphoto, die nach lizenzfreiem oder Creative-Commons-Material suchen. Hier zwei passende NASA-Illustrationen:
Gut, das Ding links ist vielleicht ein bisschen größer als der Asteroid, um den es geht, aber sowas stört bei BILD ja selten jemanden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Apophis 2029 auf der Erde einschlägt, liegt übrigens bei 0,0007 Prozent.
(Screenshot von Bild.de: BildBlog)
In Italiens Trafiken und Buchhandlungen huldigt der Bildband „Noi amiamo Silvio“ (Wir lieben Silvio) dem König von Italien. Hier ein Foto einer Kundgebung des Fanclubs „Zwillinge für Silvio“. (Via Photoshop Desasters.)